Kinder sind unser wichtigster Schatz. Deshalb engagiert sich das christliche Kinder- und Jugendwerk Die Arche für Kinder aus sozial benachteiligten Verhältnissen und fordert eine nachhaltige Migrations- und Bildungspolitik.

Vor fast 30 Jahren, am 25. November 1995, „eröffnete“ in Berlin die erste Arche als Anlaufstelle für emotional und körperlich ausgehungerte Kinder und Jugendliche. Rund 30 Kinder versammelten sich damals in meinem Wohnzimmer. Mir fiel auf, dass es diesen Kindern an vielem fehlte. Ihre Eltern wollten oder konnten sich nicht um sie kümmern. Häufig waren sie seit längerer Zeit ohne Arbeit, waren vom System vergessen. Und sie hatten keine Kraft übrig, ein Auge auf ihre Kinder zu werfen.

Es waren harte Zeiten, da ich damals noch keine großen finanziellen Unterstützer meiner Arbeit hatte. Inzwischen liegen die Probleme an anderer Stelle. Heute besuchen uns bis zu 10.000 Kinder und Jugendliche am Tag in unseren 34 Arche-Häusern. Natürlich ist es mir unmöglich, zu jedem dieser Kinder und Jugendlichen Kontakt aufzunehmen.

Tausende Kinder besuchen täglich Arche-Häuser an über 30 Standorten

Damals, in Berlin-Hellersdorf, einem Stadtteil im Osten der Stadt, stammten zu 99 Prozent der Kinder aus deutschen Familien – natürlich auch mit unzähligen Problemen. Heute, in dieser doch unruhigen Zeit, besuchen uns zum Beispiel in den Archen in Hamburg, Frankfurt, Köln, Düsseldorf, aber auch in den sechs Häusern in Berlin eine große Anzahl an Kindern, die aus Familien mit Fluchterfahrung kommen. In Hamburg, Frankfurt und München sind es weit mehr als 90 Prozent unserer jungen Besucherinnen und Besucher.
Das bringt eine Menge an zusätzlichen Problemen mit sich. Den Familien wurden in ihren Heimatländern Häuser, Autos und Arbeitsplätze versprochen, die sie in Deutschland vorfinden würden.
Hier angekommen verbringen sie dann unzählige Monate und Jahre in Sammelunterkünften unter teils katastrophalen Bedingungen. Bei uns in den Archen suchen die Kids Kontakt zu den Mitarbeitenden und schütten ihnen ihr Herz aus. Die Kinder haben eine ganze Reihe von Problemen. Sie sind in ihren Heimatländern aus ihrem Umfeld gerissen worden und sind hier – seien wir einmal ehrlich – von den Behörden und auch von vielen Menschen in unserem Land unerwünscht.

Herausforderung kulturelle Unterschiede

Wie personalintensiv unsere Arbeit mit den überwiegend aus Syrien, dem Irak und Afghanistan stammenden jungen Menschen ist, zeigt unser Personalschlüssel. Oft kümmert sich eine Mitarbeiterin oder ein Mitarbeiter um nur zwei der jungen Menschen.
Was wir in unserem Land immer noch nicht begriffen haben: wir haben es hier mit Menschen aus einer komplett anderen Kultur zu tun. Sie sind bekennende Moslems und in einer deutlichen Mehrheit antisemitisch ausgerichtet. Wir haben es in den Archen mit einem ungeheuren Israelhass zu tun. Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die sich zu Israel bekennen, wurden und werden beschimpft.
Die jungen Menschen folgen radikalen Predigern auf Tiktok oder auf You Tube. Und wir müssen in den Archen eine Menge an Aufklärungsarbeit leisten. Das ist, wie von der Politik immer wieder geäußert, in einigen wenigen Schulstunden nicht zu schaffen. Das dauert Jahre. Und kaum jemand in Deutschland hat den Mut, das auszusprechen.

Ihr Scheitern ist vorprogrammiert: Migrationskinder

Leider gehen fast alle dieser Migrationskinder auf sogenannte Brennpunktschulen. Keiner in den Nobelvierteln unserer Städte will diese Menschen bei sich haben. Der Migrationspolitische Sprecher der Grünen im Berliner Abgeordnetenhaus hat es bei einem Besuch in der Arche kürzlich auf den Punkt gebracht: „An den Rändern der Städte ist halt genügend Platz.“ So kann man es natürlich auch sehen.
Das Ergebnis einer solchen Einstellung spiegelt sich in den Klassen der Brennpunktschulen wieder. Zum Teil über 90 Prozent der Kinder kommen aus Migrantenfamilien, beziehungsweise aus Familien mit Fluchterfahrung. Das Scheitern aller dieser Kinder, ob deutscher Kinder oder der Kinder mit Migrationshintergrund in diesen Schulen ist vorprogrammiert. Übrigens: Bis zu 60.000 Kinder verlassen jährlich die Schulen ohne einen Abschluss. Eine große Mehrheit von ihnen beantragt später dann Bürgergeld.

Dabei wäre eine Lösung so einfach

So schießen wir uns selber ins Knie, um es einmal flapsig zu formulieren. Dabei wäre eine Lösung so einfach. Wir könnten die Kinder so verteilen, dass in jeder Klasse und auf jeder Schule ein gleicher Anteil, wie wir das nennen, „verhaltenskreativer“ Kinder sind. Das könnte man, ohne viel Geld in die Hand zu nehmen, mit dem Einsatz von Bussen und Bahnen lösen. Aber das ist von der Politik nicht gewollt.
Eine SPD-Politikerin sagte mir einmal nach einer Talkshow: „Wollen Sie, dass Ihre Kinder mit denen in eine Klasse gehen?“ Eine übrigens durchaus gängige Meinung in den Reihen der Politik, wie mir schon mehrfach bestätigt wurde.

Schockierende Zustände für Flüchtlinge

Unser Land braucht starke Kinder, aus Deutschland und aus anderen Kulturen. Aber wir sollten auch ehrlich sein. Wir können nur die Menschen in unser Land lassen, um die wir uns auch kümmern können. Wenn ein Internat 200 Betten hat, kann es nicht 600 Schülerinnen und Schüler aufnehmen.
Was mich zuletzt regelrecht schockiert hat, ist eine Zahl vom früheren Berliner Flughafen Tegel. Dort befindet sich die größte deutsche Flüchtlingseinrichtung. Die Zahl der untergebrachten geflüchteten Menschen wird von 6.000 auf 8.000 erhöht. Diese Menschen, das berichteten uns Augenzeugen, leben dort unter bestialischen Bedingungen. Im Sommer ist es staubig, trocken und heiß in den Zelten und im Winter ist das eine einzige Schlammlandschaft. Dort müssen Menschen Jahre ihrer wertvollen Lebenszeit verbringen.
Das ist auch ein Verbrechen an den unzähligen Kindern dort. Ohne zu übertreiben, kann man sagen: Tegel ist ein Lager. Die Menschen werden nicht integriert, lernen die deutsche Sprache nicht und sind letztendlich auch von unserer Gesellschaft anscheinend nicht gewollt.

Wichtig: Menschen in Arbeit bringen

Wir müssen versuchen, die Menschen, die dauerhaft hierbleiben werden, auch in Lohn und Brot zu bringen. Wir brauchen nicht 800 Sicherheitsleute – wie in Tegel –, nein, wir brauchen Sozialarbeiterinnen und Sozialarbeiter und Mitarbeitende der Arbeitsagenturen. Ärzte aus Syrien arbeiten hier als Putzleute! Was für eine Verschwendung! Unser Bundespräsident fordert immer wieder Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, Fachkräfte aus dem Ausland. Aber die haben wir längst hier. Wann fangen wir endlich an, sie zu integrieren? Es gibt zahlreiche weitere Beispiele. Wir bauen in Berlin-Hellersdorf gerade für mehr als fünf Millionen Euro eine Kita. 60 Prozent der Kinder werden solche mit Fluchterfahrung sein. Der Rest sind deutsche Kinder. Oft bekommen geflüchteten Familien keinen Kitaplatz. In der Politik heißt es: Brauchen sie ja nicht, ihre Eltern sind ja zuhause. Wie absurd ist eine solche Denke!

Wir sollten ehrlich sein

Wenn wir für Geflüchtete in Deutschland keinen Platz und keine Infrastruktur haben, sollten wir ehrlich sein und einen Einreisestopp fordern. Alles andere ist eine Lüge. Wir müssen uns um die kümmern, die schon hier sind, und sie zügig integrieren, so dass viele von ihnen zeitnah auch arbeiten können.
Aber es gibt auch eine andere Lösung mit einem Vorbild aus unserem Land: Nach dem Zweiten Weltkrieg wurden die Menschen, die kein Dach über dem Kopf hatten, von den Wohnungsämtern dort eingewiesen, wo Raum und Platz war. Wenn einer also eine Vierzimmerwohnung hat und ein Zimmer leersteht, dann müsste er einen oder eine Geflüchtete aufnehmen. Was für ein Aufschrei würde hier durch unser Land gehen.
Eins weiß ich heute sicher: Wir in der Arche können nicht alle Probleme lösen. Der Staat ist an dieser Stelle gefragt.

 

Bernd Siggelkow
Pastor und Sozialarbeiter, Gründer des christlichen Kinderund Jugendwerks Die Arche (Berlin)
Er hat viele Auszeichnungen für seine Arbeit erhalten, u.a. den „Bambi“ in der Kategorie Stille Helden (2024).
T: 030. 99 28 37 72
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www.kinderprojekt-arche.de

Die Arche – ein christliches Kinder- und Jugendhilfswerk
• gegründet 1995 in Berlin
• begleitet bis zu 10.000 Kinder und Jugendliche pro Tag
• mehr als 32 Standorte in Deutschland
• Ableger in der Schweiz und in Polen
Die Einrichtungen unterstützen Kinder und Jugendliche dabei, ihre Potenziale zu entdecken, fördern ihre Talente und machen sie stark für ein selbständiges Leben.

 

Foto: „Die Arche“ Kinderstiftung Christliches Kinder- und Jugendwerk