In vielen Traueranzeigen lesen wir, dass Verstorbene Spuren hinterlassen haben. So werden in der Betrachtung auf das Leben eines Menschen Ereignisse und persönliche Begegnungen wach, die unauslöschlich mit einer Person verbunden sind, die unauslöschlich für die Menschen drum herum erinnerbar und somit prägend sind. Welche Spuren hinterlassen wir auf dem Campus des Diakoniezentrums in Springe?

Erstmal hat die Pandemie bei uns allen Spuren hinterlassen. Begegnungen nur hinter Mund-Nasen-Schutz, immer auf Distanz, immer mit der Fragestellung: Was dürfen wir, was müssen wir, was erwarten unser christliches Menschenbild und die ethische Fragestellung von uns? Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aus der Pflege und aus der Betreuung am Limit ihrer Belastungsgrenzen. Eine ganze Arbeitsschicht von 7 Stunden hinter Masken in besonderer
Schutzkleidung immer in der Unsicherheit: Wie gefährdet bin ich? Mitarbeitende in der stationären und ambulanten Pflege haben erlebt, wie es sich anfühlt, „an der Front“ zu sein, wie es sich anfühlt, sich in der Arbeit zu infizieren und noch lange unter „Long-Covid“-Symptomen zu leiden. Mitarbeitende in der Leitung haben erlebt, wie es sich anfühlt, wöchentlich mit neuen Verordnungen, Bestimmungen und Handlungsanweisungen zu tun zu haben.

Und nun merken wir, wie gut es uns tut, dass eine große Strecke in der Pandemiebekämpfung
geschafft ist. Unsere aktuellen Hygienekonzepte unterscheiden sich sehr von den
ersten ihrer Art. Die Impfungen und Testungen haben uns eine große Sicherheit gebracht. Im
Pflegeheim des Diakoniezentrums können wieder Aktivitäten für alle Bewohner angeboten werden.
Nähe und Begegnung ist für alle möglich. Besuche sind ausdrücklich erwünscht unter den geltenden Bestimmungen.

Bei kleinen Sommerfesten, die wegen der Pandemie noch keine großen Feste unter Einbeziehung
der ganzen Stadt sein durften, haben Bewohner der Stationären Pflege, des Service-Wohnens und
Yocas in großer Dankbarkeit miteinander gefeiert, sich gutgetan, Anteil aneinander gegeben. Und so sind es wieder die vielen einzelnen Menschen, die uns beeindrucken, die auch in anstrengenden und herausfordernden Zeiten ihren Lebensmut nicht verlieren und Spuren hinterlassen.

Dass auch die Zeit Spuren an unseren Gartenbänken hinterlässt, ist Frau Wollny aufgefallen.
Sie wohnt seit Anfang des Jahres bei uns, ist stolz darauf, Tochter eines Tischlers zu sein und somit einen Blick zu haben für alles, was aus Holz ist. Mit ihrem neuen Freund Hassan Toloui aus dem Pflegeheim hat sie das Projekt „Bänke streichen“ angestoßen. Frau Wollny hat sich darum gekümmert, dass immer genügend Pinsel und Farben zum Verarbeiten da waren und Herr Toloui hat tagelang den Pinsel geschwungen, dabei vier Hosen mit angemalt und allen Außenbänken, Tischen und was sonst noch Farbe brauchte, einen Anstrich verpasst. Da kann
man doch nur begeistert sein, oder?

Oder nehmen wir Frau Dressler. Sie ist seit frühester Kindheit so hörbeeinträchtigt, dass sie die Gehörlosenschule besuchte. Ihr Leben ist von vielen Verlusten geprägt. Und wie lebt sie? Mit beiden Beinen in ihrem Springer Leben in einer Wohnung des Service-Wohnens, zum Platzen angefüllt mit Liebenswürdigkeit, Hilfsbereitschaft, guten Worten für den Nachbarn, die Nachbarin, mit großer Klarheit, ihre massiven Einschränkungen wahrnehmend und ihre Himmelssehnsucht lebend.

Oder die Menschen in unseren Gebetskreisen: Man trifft sich dienstags von 10 bis 11 Uhr, um für die Not der Nachbarn, der Welt, die Anliegen des Werkes und persönliche Anliegen zu beten. Und am Ende einer Gebetsstunde wird ganz praktisch Geld zusammengelegt für ein missionarisches Projekt in Südamerika. So sind im Coronajahr 2020 von Menschen, die häufig selbst nur über eine kleine Rente verfügen, 3.750 Euro zusammengekommen.

Oder das Briefmarkenprojekt: Ältere Menschen schreiben noch Briefe, bekommen Briefe und nutzen die Marken, um sie der Briefmarkenmission zu überbringen: 6.000 Euro sind allein in diesem Jahr für ein Kinderhilfsprojekt in Lateinamerika überwiesen worden.

Nur ein Miteinander alter Menschen? Weit gefehlt. Die Verbindung zur Ortsgemeinde in
Springe macht es möglich, dass die Bedürfnisse von Kindern und Jugendlichen gesehen werden. Auf diese Weise haben einige wenige „Hingucker“ es ermöglicht, dass das Jungscharlager in Springe auch für Familien mit mehreren Kindern möglich war, weil die Alten die Jungen unterstützt haben.

Ich jedenfalls bin begeistert von der Wachheit der Menschen, die bei uns auf dem Campus
des Diakoniezentrums leben, von ihrem Hinsehen, ihrem Mitdenken, sich Kümmern, Dasein, Gestalten, begeistert Spuren hinterlassen.

 

Regina Bauer,
Koordination Service Wohnen